S**L
Der lange Weg zu Andromeda
The Legendary Pink Dots gehören zu solchen Bands wie Current 93, Psychic TV und Nurse With Wound, deren Albumveröffentlichungen beinahe unüberschaubar sind. Weil sie sich keinen Deut um die Charts oder die Massentauglichkeit ihrer Werke kümmern, haben sie uneingeschränkte Narrenfreiheit und können einfach das veröffentlichen, was sie wirklich wollen, ohne die Marionetten von irgendwelchen Geschäftemachern sein zu müssen.Ich habe mir die „pre-millenial single“ hauptsächlich wegen des Songs „Andromeda Suite 98“ gekauft. Dieses Kunstwerk befindet sich in der ursprünglichen Version auf dem Doppelalbum „Chemical Playschool 8 & 9“, welches mein persönlicher Favorit ist unter den zahlreichen Veröffentlichungen von LPD. Die drei Teile von „Andromeda Suite“ sind legendär: das dunkel-mystische Intro, in dem es womöglich um die Einladung zu einem Trip geht, dann das atonale Space-Chaos in der Mitte, das in der hier veröffentlichten Version wesentlich kürzer ausfällt – und schließlich das hymnenhafte Endstück mit dem fabelhaften Refrain: „It`s a long way to Andromeda but surely we`ll marry in the spring.“ Wie so oft in Edward Ka-Spel`s Texten könnte es vom Feeling her um eine psychosenahe LSD-Erfahrung gehen. Die Psychedelik von The Legendary Pink Dots und Edward Ka-Spel`s Solo-Alben ist oft auf rätselhafte Weise düster und schön zugleich. „Andromeda Suite“ ist seit den Neunziger Jahren auch immer Highlight und fester Bestandteil von ihren Live-Shows. Mir ist am Ende der Neunziger Jahre bei zwei Konzerten das Herz förmlich höher gehüpft als sie „Andromeda“ spielten. Weil dieser Klassiker einlädt zu immer neuen Spekulationen und Tagträumen, verbinde ich mit ihm eine Menge innerer Seeelenerfahrung. „Andromeda“ sowie das Doppelalbum „Chemical Playschool 8 & 9“ sind die reinsten geistigen Gaumenkitzel für jeden „Pyjama-Psychonauten“. (Übrigens geht es auch ohne die halluzinogenen Drogen – z.B. mit dem linkshändigen Yoga – und natürlich im Schlafanzug.)Desweiteren ist auf „The pre-millenial single“ die 98er Version von „Hellesville“ zu finden, die mir ebenfalls ausgesprochen gut gefällt. Das Original ist auf „The crushed velvet Apocalypse“ zu finden, das ebenfalls ein Top-Album ist. Überhaupt beglückt mich die Neunziger-Jahre-Phase von LPD am meisten, denn damit bin ich aufgewachsen. Also ist jetzt „The pre-millenial single“ das fehlende Teilchen in meiner Sammlung gewesen.Die zwei restlichen Songs „Needles (Version Sirius)“ und „Abracadabra zzzz“ finde ich zwar nicht ganz so überragend aber sie passen gut als Füllmaterial, so daß ich beim vollständigen Abspielen der CD auf jeden Fall meine Freude habe. Die Originalversion von „Abracadabra“ befindet sich auf „Nemesis Online“, mit dem eine neue Phase von LPD begonnen hatte, die ich persönlich nicht so goldig finde. Aber das ist Geschmacksache.1998 war in meinem Leben ein besonderes Jahr. Die Jahreszahl ist übrigens durch 666 teilbar (3 mal 666 sind 1998). Tatsächlich ist in den letzten zwei Jahrzehnten vor dem neuen Millenium in der Underground-Musik unheimlich viel los gewesen. Da wir uns jetzt schon mitten im 21. Jahrhundert befinden, stellt heute vielleicht „The pre-millenial single“ ein Denkmal dar für eine in subkultureller Hinsicht äußerst ereignisreiche Zeit. Glücklich darf sich schätzen, wer mit geöffneten Sinnen und wachem Geist dabei gewesen ist. Ich meine, das war der Beginn der echten Frühlingszeit von Aleister Crowley`s magischen Erben und „It's a long way to Andromeda…“
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